Marktkommentar August: Der US-amerikanische Staat befeuert die Wirtschaft aus allen Rohren - trotz robustem Arbeitsmarkt

  • Martin Roßner, Gründer und Geschäftsführer ThirdYear Capital

USA plant Neuverschuldung von einer Billionen und liegt damit 274 Milliarden US-Dollar über den Erwartungen - der richtige Zeitpunkt?

Janet Yellen überraschte mit ihrer Budgetplanung nicht nur die Marktteilnehmer, sondern auch die Ratingagenturen. Eine geplante Neuverschuldung von über einer Billion allein im dritten Quartal, 274 Milliarden US-Dollar mehr als bisher erwartet – die Abstufung der amerikanischen Kreditwürdigkeit ließ nicht lange auf sich warten. Das Fragwürdige am Zeitpunkt der aktuellen fiskalischen Expansion ist: Der Arbeitsmarkt ist derzeit enorm robust. Noch nie war das Fiskaldefizit so hoch, wenn die Arbeitslosenquote auf historischen Tiefständen war. Die Trump-Regierung wurde Ende 2017 enorm kritisiert für einen Stimulus in Form von Steuersenkungen und des Job Acts, trotz niedriger Arbeitslosenquote. Ökonomen warnten damals vor Überhitzungsgefahr. Auch in den späten 1960er Jahren gab es eine fiskalische Expansion in einem starken Arbeitsmarkt, die inflationär wirkte.  Die letzten Monate waren stark disinflationär – das stützte die Konjunktur und beflügelte die Märkte. In den kommenden Monaten werden die Basiseffekte bei den Rohstoffen jedoch auslaufen. Teilweise sind wichtige Verbraucherpreise wie Benzin sogar schon wieder deutlich angestiegen. Das Lohnwachstum, welches weiterhin bei rund 4-5 Prozent liegt, wirkt in der Regel wie ein Anker für die volatilere Gesamtinflation. Die langfristigen Inflationserwartungen driften daher schon seit Wochen wieder langsam nach oben. Die kurzfristigen Inflationserwartungen auf Sicht der nächsten zwei Jahre verharren noch bei um die 2,3 Prozent, was sich bald als zu optimistisch herausstellen könnte.

Ein mögliches Ende der Disinflation wäre negativ für das Wachstum. Ansteigende Realzinsen sind zunehmend restriktiv und neue Banken- oder Kreditrisiken können jederzeit auftreten und der Konjunktur das letzte Standbein entziehen. In diesem Szenario besteht weiterhin die taktische Chance, historisch große Preisabschläge in (Inflations-) Anleihen für Zukäufe zu nutzen – vor allem am vorderen Ende, weil die Zinssensitivität der Konjunktur in einem möglichen wirtschaftlichen Abschwung wahrscheinlich äußerst gering ist. Eine zusätzliche Asymmetrie liefert ein erhöhter Wert kurzfristiger defensiver Anleihen im Vergleich zu Aktien. Steilere Zinskurven könnten bereits auf ein erhöhtes Rezessionsrisiko hindeuten.


Lesen Sie hierzu außerdem das aktuelle Research von ThirdYear Capital: 

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